Friedrich Merz hat das Kanzleramt erreicht, doch ohne einen drastischen Schritt wäre ein zweiter Wahlgang wohl nicht zustande gekommen. FOCUS-online-Chefredakteur Florian Festl und Chefkorrespondent Ulrich Reitz analysieren, wer von dieser Situation am meisten profitiert hat.
Ulrich Reitz hebt hervor, dass Merz die Unterstützung der Linkspartei benötigte, um einen zweiten Wahlgang zu ermöglichen. Dieser strategische Schachzug hat bedeutende politische Konsequenzen.
Florian Festl sieht in diesem Vorgehen mehr als nur einen einmaligen Vorgang. Er bemerkt, dass es geschickt formuliert wurde, um sich nur auf die Geschäftsordnung zu beziehen, ohne tiefere politische Inhalte zu berühren. Festl bezeichnet dies als einen Wendepunkt.
Merz hatte ursprünglich versprochen, für eine strenge Schuldenbremse und eine klare Abgrenzung zu stehen. Jetzt jedoch steht er für massive Neuverschuldung, Klimaneutralität im Grundgesetz und eine vorübergehende Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf dem Weg zu seiner Kanzlerschaft.
Reitz konstatiert, dass die Linkspartei als klarer Gewinner aus diesem Tag hervorgeht. Dies geschieht kurz nach ihrer provokativen Forderung, den Kapitalismus abzuschaffen und eine Systemrevolution einzuleiten.
Die politische Rechte, insbesondere die AfD, sieht sich durch die aktuellen Entwicklungen gestärkt. Reitz betont, dass auch die AfD von dieser Situation profitiert. Björn Höcke äußerte sich am Wahltag mit einem Hinweis auf die "Kartellparteien-Demokratie".
Für Reitz ist klar, dass dies die Stimmen des radikalen Flügels der AfD widerspiegelt, und es wird erwartet, dass man in Zukunft häufiger von diesen Tönen hören wird.
Trotz der Kritik an Merz Verteidigt Festl die Entscheidung, nicht auf einen dritten Wahlgang zu warten. Er argumentiert, dass eine längere Wartezeit Merz im In- und Ausland noch mehr schaden könnte. Daher war dieser Weg notwendig, auch wenn er schmerzhaft war.