Nur kurze Zeit nach dem Vorfall im Weißen Haus zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen sich heute in London westliche Staats- und Regierungschefs, um die Konsequenzen für die Ukraine, Europa und die Welt zu erörtern.
Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz aus Deutschland wird anreisen, während der britische Premierminister Keir Starmer den Gipfel im Lancaster House ausrichtet. Hier sind die zentralen Themen, die vor dem Krisentreffen diskutiert werden.
Ursprünglich war der Gipfel als Teil einer Reihe von Treffen zur strategischen Planung im Ukraine-Konflikt gedacht. Doch der Vorfall in Washington hat die Dringlichkeit und Komplexität der Situation erhöht.
Trump und sein Vize J.D. Vance haben Selenskyj im Oval Office stark kritisiert, was zu einem abrupten Ende der Gespräche führte. Selenskyj verließ das Weiße Haus vorzeitig, nachdem er sich die Vorwürfe nicht gefallen ließ.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs sind nun gefordert, eine gemeinsame Strategie im Umgang mit dem amerikanischen Präsidenten zu entwickeln, insbesondere angesichts der unklaren Entwicklungen in den Friedensgesprächen zur Ukraine.
Die britische Regierung plant, über ein starkes und dauerhaftes Abkommen zu sprechen, das künftige Angriffe Russlands auf die Ukraine abwehren soll. Länder wie Großbritannien und Frankreich haben bereits signalisiert, bereit zu sein, Truppen für eine mögliche Friedenstruppe bereitzustellen.
Ein weiteres zentrales Thema wird auch die zukünftige Verteidigungsfähigkeit Europas sein. Großbritannien hat angekündigt, seine Verteidigungsausgaben bis 2027 auf 2,5 Prozent des BIP anzuheben, was möglicherweise andere Länder dazu bewegen wird, ähnliche Schritte zu unternehmen.
Der Vorfall im Weißen Haus hat weltweit für Aufsehen gesorgt, insbesondere in Europa, wo viele Staats- und Regierungschefs Selenskyj ihre Unterstützung zugesichert haben. Kanzler Scholz bekräftigte, dass die Ukraine auf Deutschland und Europa zählen könne.
Es wird befürchtet, dass die Spannungen zwischen Trump und Selenskyj eine Wende in den transatlantischen Beziehungen einleiten könnten. Mit einem neuen US-Präsidenten, der von traditionellen Allianzen abrückt, wird es immer schwieriger, eine einheitliche Strategie zwischen der EU und den USA bezüglich der Ukraine zu entwickeln.
Die Europäische Union hat die Gelegenheit, beim Sondergipfel am Donnerstag ein klares Zeichen für die Unterstützung der Ukraine zu setzen.
Allerdings stellt Ungarns rechtspopulistischer Premierminister Viktor Orban eine Hürde dar, da er angedroht hat, neue Hilfen für die Ukraine zu blockieren. Er hat bereits in der Vergangenheit erfolgreich verhindert, dass einstimmige EU-Entscheidungen getroffen wurden.
Orban hat in einem Brief an EU-Ratspräsident António Costa erklärt, dass er einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag nicht zustimmen könne. Er behauptete, dass nur Ungarn und der Vatikan Frieden wollen, während der Rest Europas anscheinend Krieg will, und plädiert für direkte Verhandlungen mit Russland.
Der britische Premier Starmer und der französische Präsident Emmanuel Macron haben bei ihren Besuchen in Washington die Rolle der Gesprächspartner übernommen, auch wenn ihre Interessen nicht identisch sind. Starmer brachte die Aussicht auf ein Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien mit nach Hause.
Die EU ist jedoch weit entfernt von einem solchen Verhältnis zu Trump. Trotz der betonten guten Beziehungen zwischen Starmer und Macron zu Trump, waren diese Gespräche noch vor dem Vorfall mit Selenskyj. Substantielle Zugeständnisse von Trump an Europa sind bislang nicht bekannt geworden.
Scholz' Funktion als Kanzler auf Abruf hat auch Einfluss auf die diplomatischen Bemühungen hinsichtlich der Ukraine. Während Macron und Starmer bereits Gespräche in Washington geführt haben, ist dies für Scholz als Übergangskanzler kaum möglich.
Die ersten Gipfel dieser Art fanden in Paris statt, nun wird London der Schauplatz. Deutschland, als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine-Hilfe, bleibt jedoch außen vor.
Es ist unüblich, dass Scholz seinen Vorgänger Merz zum Gipfel mitnimmt. Trotz seiner eingeschränkten politischen Spielräume führt Scholz die Amtsgeschäfte bis zur Vereidigung einer neuen Regierung fort.
In der letzten Übergangsphase zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Scholz gab es nur einen Fall, in dem beide gemeinsam zu einem Gipfel reisten, was auf Scholz' Rolle als Finanzminister zurückzuführen war. Scholz und Merz stimmen sich jedoch eng ab und haben nach dem Vorfall im Weißen Haus telefoniert, um sich auf den Londoner Gipfel vorzubereiten.
Der Vorfall in Washington könnte sowohl den Inhalt als auch das Tempo der Regierungsbildung beeinflussen. Der Druck, zügig eine handlungsfähige Koalition zu bilden, ist gestiegen.
Es könnte auch wahrscheinlicher werden, dass Union und SPD vor dem 25. März noch eine Einigung über ein Sondervermögen für die eigene Verteidigung und die Ukraine-Hilfe erzielen, bevor der alte Bundestag nicht mehr im Amt ist.
Nach dem Vorfall stellt sich nun die Frage nach dem Zusammenhalt der transatlantischen Militärallianz. Es besteht Besorgnis, dass die USA aus der NATO austreten, was den atomaren Schutz für Europa gefährden könnte. Trump hatte bereits während seiner ersten Amtszeit mit einem solchen Rückzug gedroht.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat die herausfordernde Aufgabe, den Zusammenhalt der NATO zu sichern und gleichzeitig die Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen.
Er muss zwischen den Interessen vermitteln und beruhigen. Rutte äußerte in einem BBC-Interview, dass es wichtig sei, dass Selenskyj einen Weg finde, seine Beziehung zu Trump zu reparieren, um die Zukunft zu sichern.
Nach dem Austausch mit Selenskyj reiste Trump am Freitag nach Florida, wo er gewöhnlich seine Wochenenden in seinem Anwesen Mar-a-Lago verbringt, Gäste empfängt und Golf spielt.
Zu den Ereignissen im Weißen Haus hat Trump am Samstag keine weiteren Kommentare abgegeben. Auf seiner Plattform Truth Social hat er nur über andere Themen gepostet, und das Weiße Haus hat bislang keine Informationen zu seinen Plänen für den Sonntag veröffentlicht.