In einer leisen und nahezu heimlichen Vorgehensweise hat die inzwischen gescheiterte Koalition von Steuerzuschüssen abgesehen und die finanziellen Belastungen für Arbeitslose denjenigen aufgebürdet, die in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Diese Praxis wirft nicht nur rechtliche Fragen auf, sondern hat auch dazu geführt, dass Arbeitsminister Heil anscheinend ein weiteres bürokratisches Monster geschaffen hat.
Um einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, hat die gescheiterte Ampelkoalition einen fragwürdigen Trick angewandt, dessen Auswirkungen seit Kurzem sichtbar werden: Gelder, die zuvor den Jobcentern zur Verfügung standen, um Weiterbildung für Arbeitslose zu organisieren, wurden ohne Ersatz gestrichen.
Stattdessen wurde durch eine sogenannte Weisung, die maximale Unauffälligkeit verspricht, festgelegt, dass die Arbeitsagenturen die Weiterbildung aus den Mitteln finanzieren, die alle Arbeitnehmer in die Arbeitslosenversicherung einzahlen müssen. Dieses milliardenschwere Ping-Pong-Spiel hat den Bundeshaushalt entlastet, die Schuldenbremse wurde eingehalten, während über die Folgen niemand sprach.
Diese Folgen werden nun deutlich. Der Deal, den der amtierende SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil verantwortet, führt laut Berichten von Insidern aus der Arbeitsverwaltung zu chaotischen Doppelstrukturen in Jobcentern und Arbeitsagenturen, zwischen denen ohnehin schon viele Überschneidungen bestehen.
Ein leitender Mitarbeiter eines Jobcenters beschreibt die Situation so: Anträge für Fördermaßnahmen werden im Jobcenter gesammelt. Alle zwei Wochen kommt ein Kollege von der Arbeitsagentur für einen Tag ins Jobcenter, um die bereits geprüften Anträge zu genehmigen. Danach beginnt der Prozess der Auszahlung.
Offiziell versuchen die beteiligten Behörden, die Situation zu beschwichtigen. Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums erklärt, dass die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter im vergangenen Jahr intensiv daran gearbeitet haben, sich auf die neuen Abläufe vorzubereiten und Doppelstrukturen durch klare Zuständigkeiten zu vermeiden. Sie räumt jedoch ein, dass der Übergang mit neuen Schnittstellen verbunden sei, versichert jedoch, dass es einheitliche Abläufe und Freiräume für dezentrale Lösungen geben werde.
Die Bundesarbeitsagentur, die von der ehemaligen SPD-Parteichefin Andrea Nahles geleitet wird, gibt eine umfangreiche Antwort auf die neuen Prozesse. Es werde sichergestellt, dass alle Mitarbeiter, die mit diesen Abläufen arbeiten, durch diverse Schulungsformate gut vorbereitet werden. Derzeit arbeite man an einer IT-Schnittstelle, die eine datenschutzkonforme und automatisierte Datenübertragung zwischen kommunal betriebenen Jobcentern und Arbeitsagenturen ermöglichen soll, um den Postweg zu vermeiden.
Die Antworten zeigen vor allem eines: Der Verwaltungsaufwand ist enorm, es wird von Kosten in Höhe von über einer Milliarde Euro ausgegangen. Die Sprecherin der Arbeitsagentur betont, dass es bei dem finanziellen Ping-Pong nicht nur um die rund 900 Millionen Euro für die Weiterbildung von Arbeitslosen geht, sondern auch um zusätzliche Verwaltungskosten, die jedoch nicht näher beziffert werden. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass eine kostspielige und rechtlich fragwürdige Lösung favorisiert wurde, um den Haushalt zu sanieren.
Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes, äußert sich kritisch. Auf Anfrage erklärt er, dass es unfair sei, dass die Politik der Arbeitsagentur immer mehr Aufgaben auf die Beitragszahler abwälze, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden sollten. Er fordert ein Ende des Mottos, den Bundeshaushalt zu schonen und gleichzeitig die Beitragszahler zur Kasse zu bitten. Sein Fazit lautet, dass die Leistungen dort angesiedelt werden sollten, wo auch die Finanzierung erfolgt.