Aktuell gibt es viel Verwirrung über die Absprachen zwischen dem US-Präsidenten und seinem russischen Amtskollegen. Einige befürchten, dass die westliche Front gegen Putin bröckelt und die Ukraine in eine schwierige Lage gerät, während andere auf einen diplomatischen Fortschritt hoffen, der den Konflikt in der Ukraine beenden könnte.
Von Bedeutung ist, dass Trump der erste westliche Politiker ist, der seit 2022 einen Dialog mit Putin initiiert hat. Dies hängt sowohl mit der Machtposition des amerikanischen Präsidenten im Vergleich zu europäischen Führern zusammen als auch mit der offensichtlichen Unfähigkeit Russlands, den Krieg siegreich zu beenden. In den russischen Medien, die dem Kreml nahestehen, wird bereits spekuliert, ob der derzeitige Stand an der Front nicht als Sieg interpretiert werden könnte.
Die zentrale Frage lautet: Gibt es Chancen für die Ukraine durch diese Entwicklungen? Es ist möglich, jedoch gibt es keine Gewissheit. Donald Trump ist unberechenbar und reagiert oft auf Schmeichelei. Was er heute äußert, kann morgen schon wieder anders sein, abhängig von seinen Gesprächen. Es bleibt unklar, wie sich die Situation letztendlich entwickeln wird.
Welche Optionen gibt es kurzfristig und langfristig? Bisher diente ein Dokument als Orientierung, das von Trumps Ukraine-Sonderbeauftragten Keith Kellogg im April des letzten Jahres verfasst wurde. Kellogg ist allerdings nicht Teil der Verhandlungsdelegation, weshalb alles offen bleibt. Es ist offensichtlich, dass die USA ihre Entscheidungen nicht ohne Rücksprache mit Kiew treffen und mit Selenskyj zusammenarbeiten. Doch wie lange diese Abstimmungen Bestand haben, ist ungewiss.
Wie könnte ein Weg zum Frieden aussehen? Den bisherigen Aussagen aus Trumps Administration zufolge könnte ein Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinien angestrebt werden. Dies erscheint realistisch, da die Ukraine nicht in der Lage ist, die russischen Streitkräfte zurückzudrängen, und kein westeuropäisches Land bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen, am wenigsten Deutschland.
Der nächste Schritt wäre, zu klären, wie dieser Waffenstillstand überwacht und gesichert werden kann. Aus den Minsk-Vereinbarungen von vor zehn Jahren lässt sich ableiten, dass mit Moskau getroffene Waffenstillstände wenig wert sind, wenn die OSZE mit der Überwachung betraut wird. Daher sollte eine effektive Truppe, idealerweise die NATO, damit beauftragt werden.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Putin vehement gegen diesen Vorschlag vorgehen wird, was den gesamten Prozess gefährden könnte. Hier kommt es darauf an, ob Trump Druck auf Putin ausüben kann, um Zugeständnisse zu erreichen. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland scheinen größtenteils ausgeschöpft zu sein, sodass wenig Handlungsspielraum bleibt. Auch mit Zollmaßnahmen kann Putin nicht beeindruckt werden.
Eine mögliche Drohung von Trump könnte sein, dass die NATO den Zugang zur Ostsee für russische Öltanker blockiert. Dies würde zwar gegen internationales Recht verstoßen, könnte jedoch erhebliche Auswirkungen auf Russland haben. Als möglichen Anreiz könnte vorgeschlagen werden, dass chinesische Truppen auf russischer Seite die Einhaltung des Waffenstillstands überwachen.
Wenn Trumps Delegation mit diesen Vorschlägen keinen Erfolg hat, stehen ihm zwei Optionen offen: Entweder zieht er sich zurück und überlässt das Problem den Europäern, oder er erreicht mit Putin einen unbefriedigenden Kompromiss, ähnlich den Minsk-Vereinbarungen, für die Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier verantwortlich waren.
Angenommen, Trump überzeugt Putin von der Notwendigkeit eines international überwachten Waffenstillstands – was geschieht danach? Der Kellogg-Plan sah vor, dass die Ukraine im Rahmen eines politischen Prozesses die Rückgabe der besetzten Gebiete anstreben sollte, unterstützt von den westlichen Staaten.
Dies würde bedeuten, dass die Sanktionen schrittweise aufgehoben werden, sobald Russland sich freiwillig aus den seit 2022 eroberten Gebieten zurückzieht. Ob die Trump-Administration diesen Ansatz weiter verfolgt, bleibt fraglich. Es ist wahrscheinlich, dass Putin die Aufhebung der Sanktionen als Preis für einen international überwachten Waffenstillstand fordern wird.
Es ist durchaus möglich, dass Trump dem zustimmt oder zumindest bereit ist, einige Sanktionen aufzuheben, was jedoch die Zustimmung der Europäer erfordert. In diesem Fall wäre die Aussicht auf eine friedliche Rückeroberung besetzter Gebiete stark eingeschränkt.
In solch einem Szenario wäre die Ukraine in einer Position, in der etwa 20 Prozent ihres Territoriums von Russland besetzt und annektiert sind. Die Ukraine müsste weiterhin überlebensfähig bleiben und könnte mit westlicher Hilfe wieder aufgebaut werden. Doch wie könnte ihre Sicherheit gewährleistet werden? Aus den Äußerungen von Mitgliedern der Trump-Administration wird deutlich, dass eine NATO-Mitgliedschaft vorerst ausgeschlossen ist. Diese öffentliche Erklärung von Verteidigungsminister Pete Hegseth ist bedauerlich, da sie einen wichtigen Verhandlungsvorteil mindert.
Russland betont, dass die Ukraine erheblich abrüsten müsse, um keine militärische Bedrohung darzustellen. Ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, dass die Ukraine zwar nicht Mitglied der NATO ist, jedoch militärisch so stark wird, dass sie eine erneute russische Aggression abwehren kann. Dies könnte der „Israel-Option“ ähneln, die der damalige israelische Premierminister Naftali Bennet 2022 Putin vorschlug. Zusammen mit westlichen Truppen in der Ukraine könnte dies eine realistische Lösung darstellen, wobei das Problem der russischen Nuklearwaffen weiterhin besteht.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Europäer und das westliche Bündnis? Einerseits bringt es Bewegung in die Situation, andererseits ist das Vertrauen in die Trump-Administration bei den Europäern gering, was pessimistische Ausblicke fördert. Die Bundesregierung sowie andere Partner müssen auf mögliche Entwicklungen vorbereitet sein, die schnelles Handeln erfordern.
Es ist wahrscheinlich, dass Trump schnell das Interesse am Frieden verliert und die Verantwortung den Europäern überlässt. Darauf sind wir ehrlich gesagt nicht vorbereitet. Zudem müssen wir damit rechnen, dass Trump die Aufhebung von Sanktionen verlangt. Hier haben die Europäer ein erhebliches Mitspracherecht, das sie nutzen sollten – vorausgesetzt, sie handeln einig. Schließlich müssen wir bereit sein, eine Truppe zu bilden, die einen Waffenstillstand überwacht, wobei dies nicht nur passiv geschehen sollte, sondern auch die Möglichkeit eines Eingreifens beinhalten muss. Die diesbezüglichen Diskussionen im Deutschen Bundestag dürften sehr kontrovers verlaufen.